Niederlausitz Archive - Brandenburgische Genealogische Gesellschaft Roter Adler e. V: https://www.bggroteradler.de/tag/niederlausitz/ Familien- und Regionalgeschichtsforschung in Brandenburg Mon, 08 Sep 2025 12:12:28 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.8.3 Namensforscher Walter Wenzel verstorben https://www.bggroteradler.de/namensforscher-walter-wenzel-verstorben/ Mon, 08 Sep 2025 12:12:28 +0000 https://www.bggroteradler.de/?p=11783 Zum Tod des Namensforschers Prof. Dr. phil. habil. Walter Wenzel (1929 – 2025) Wolfgang Bauch (Cottbus), Forschungsstelle Niederlausitz der BGG Bald nach Beginn der Befassung mit meiner Familiengeschichte im Altkreis Liebenwerda, die ich immer auch im Kontext mit der Regionalgeschichte sehe, fand ich immer mehr Familiennamen niedersorbischen/wendischen Ursprungs. Ich begann mich mit den in der Region weitgehend in der kollektiven Erinnerung der Bevölkerung erloschenen sorbischen Wurzeln zu befassen, die sich in Familien-, Orts- und Flurnamen, aber auch in Pflanzen- und [...]

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Zum Tod des Namensforschers Prof. Dr. phil. habil. Walter Wenzel (1929 – 2025)

Wolfgang Bauch (Cottbus), Forschungsstelle Niederlausitz der BGG

Bald nach Beginn der Befassung mit meiner Familiengeschichte im Altkreis Liebenwerda, die ich immer auch im Kontext mit der Regionalgeschichte sehe, fand ich immer mehr Familiennamen niedersorbischen/wendischen Ursprungs. Ich begann mich mit den in der Region weitgehend in der kollektiven Erinnerung der Bevölkerung erloschenen sorbischen Wurzeln zu befassen, die sich in Familien-, Orts- und Flurnamen, aber auch in Pflanzen- und Tiernamen, weiteren Begrifflichkeiten sowie in Tradition und Bräuchen erhalten haben, jedoch zumeist als solche nicht mehr erkannt werden. Bei der Suche nach seriösen Quellen wurde ich neben dem herausragenden Sorabisten Ernst Mucke (Arnošt Muka, 1854 – 1932) bald auf Walter Wenzel aufmerksam. Seine insbesondere für den interessierten Familien- und Heimatforscher wertvollen, im Domowina-Verlag erschienen Standardwerke

  • Niedersorbische Personennamen aus Kirchenbüchern des 16. bis 18. Jahrhunderts (Bautzen 2004),
  • Lausitzer Familiennamen slawischen Ursprungs (Bautzen 2020) und
  • Niederlausitzer Ortsnamenbuch (Bautzen 2006)

sind mir immer wieder eine große Hilfe bei den Recherchen. Folgerichtig habe ich Walter Wenzel in meinen Veröffentlichungen schon sehr häufig zitiert und werde dies natürlich auch weiter tun.

Am 17. Juni 2025 ist der Namensforscher und Professor für slawische Sprachgeschichte und Namenforschung Walter Wenzel im gesegneten Alter von 96 Jahren in Leipzig verstorben. Prof. Dr. Wenzel gilt als der Fachmann insbesondere für sorbische Personen- und Ortsnamen. Seine umfangreichen Publikationen stellen den aktuellen Stand der Forschung dar. Allein die Zahl seiner Fachbücher, Aufsätze, Rezensionen und Forschungsberichte ist beeindruckend.

Geboren wurde Walter Wenzel am 20. Januar 1929 in Hermsdorf/Heřmanice (Kreis Leitmeritz/Litoměřice, Tschechoslowakei) als Sohn des Bauern Ernst Wenzel und der Bäuerin Emilie Wünsch. 1946 verschlug es ihn in die Sowjetische Besatzungszone, zunächst nach Uebigau im damaligen Kreis Liebenwerda (heute Land Brandenburg, Landkreis Elbe-Elster). Nur erahnen kann man anhand seiner Vita, dass das Verlassen seiner Heimat mit der Vertreibung der Deutschböhmen aus ihrem angestammten Siedlungsgebiet nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Zusammenhang gestanden haben muss. Was er mitnahm, war die Erfahrung eines zweisprachigen Umfeldes (deutsch und tschechisch).

Nach dem Abitur 1949 in Gotha absolvierte er an der Leipziger Universität ein Studium der Slawischen Philologie. Nach dem Staatsexamen 1953 war er über viele Jahre als Lektor für Russische Sprache an der Leipziger Karl-Marx-Universität tätig. 1980 wurde er als Hochschuldozent berufen, 1990 als Außerordentlicher Professor für Geschichte der Russischen Sprache. 1994 trat er in den Ruhestand ein.

Promoviert wurde er 1960 zu „Die Ortsnamen des Schweinitzer Landes“ (Promotion A), 1979 zu „Studien zur sorbischen Anthroponymie [Lehre von den Personennamen] nach Quellen des 14. bis 18. Jahrhunderts aus dem deutsch-slawischen Sprachkontaktraum an der Schwarzen Elster“ (Promotion B). Hier offenbart sich seine thematische Verbundenheit zu der heute als Elbe-Elster-Land bezeichneten Region. Der Landkreis Schweinitz (Promotion A) grenzte an den Kreis Liebenwerda und gehört aktuell zumindest teilweise zum Landkreis Elbe-Elster.

Sein Hauptforschungsgebiet waren slawische, insbesondere sorbische Orts- und Personennamen, die er auch nach seiner Emeritierung 1994 weiter untersuchte. Er forschte und publizierte bis ins hohe Alter und bereicherte die Arbeit zahlreicher, insbesondere historischer und namenskundlicher Gesellschaften und Vereine.

„Ein Markenzeichen Wenzelscher Arbeit war die systematische vergleichende Einbeziehung der Ergebnisse von Siedlungsgeschichte, historischer Geographie und Kartographie in seine Untersuchungen.“

[vgl. Nachruf inomastikblog]

Quellen:

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Wenzel

Veröffentlichung der Universität Leipzig: https://research.uni-leipzig.de/agintern/CPL/PDF/Wenzel_Walter.pdf

Nachruf von Dr. Inge Bily (Leipzig) auf Walter Wenzel auf onomastikblog der Gesellschaft für Namenforschung (GfN) e.V. Leipzig: https://www.onomastikblog.de/nachruf-walter-wenzel/

Bildnachweis: https://www.onomastikblog.de/nachruf-walter-wenzel/

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BGG-Exkursion 2024: Spremberg/Grodk https://www.bggroteradler.de/bgg-exkursion-2024-spremberg-grodk/ Thu, 19 Sep 2024 14:43:14 +0000 https://www.bggroteradler.de/?p=11098 Streiflichter aus Geschichte und Gegenwart von Spremberg/Grodk Exkursion der BGG vom 14.09.2024 in die Niederlausitz (gekürzte Version; ausführlich als PDF-Datei am Ende des Beitrages) Die diesjährige Exkursion führte uns nach Spremberg/Grodk, das heute den Beinamen „Perle der Lausitz“ trägt. Das auf einer Spreeinsel gelegene ursprüngliche Spremberg war eine der bedeutendsten Städte des späten Mittelalters in der Niederlausitz. Der niedersorbische Name Grodk bedeutet soviel wie befestigte Siedlung/Burg. Der deutsche Name Spremberg wiederum verrät uns, dass die Stadt an der Spree von [...]

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Streiflichter aus Geschichte und Gegenwart von Spremberg/Grodk
Exkursion der BGG vom 14.09.2024 in die Niederlausitz
(gekürzte Version; ausführlich als PDF-Datei am Ende des Beitrages)

Die diesjährige Exkursion führte uns nach Spremberg/Grodk, das heute den Beinamen „Perle der Lausitz“ trägt. Das auf einer Spreeinsel gelegene ursprüngliche Spremberg war eine der bedeutendsten Städte des späten Mittelalters in der Niederlausitz. Der niedersorbische Name Grodk bedeutet soviel wie befestigte Siedlung/Burg. Der deutsche Name Spremberg wiederum verrät uns, dass die Stadt an der Spree von Hügeln umgeben ist.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert wohnten in Spremberg nur noch wenige Sorben, die sich zumeist schon nicht mehr als solche fühlten. Die meisten Dörfern der Umgebung waren indes „noch beinahe gänzlich sorbisch“, sowohl von der Sprache als auch von der traditionellen Kleidung her. Um diesen Teil der Geschichte in Erinnerung zu rufen, begrüßte Stadtführerin Ina Thomas die 21 Teilnehmer unserer Exkursion zweisprachig. Frau Thomas führte uns zu etlichen historischen Gebäuden. Erwähnt werden sollen das Sonntagsche Haus als ältestes erhaltenes Wohnhaus der Stadt und die ehemalige Gaststätte „Zum Burglehn“, die einer weiteren Nutzung harrt. Am Spremberger Markt konnten wir uns einen Eindruck von erhaltenen Gebäuden wie dem Rathaus und neuer Bebauung seit 1989 machen. Ob der Versuch, den Eindruck der alten Häuserfronten nachzuempfinden gelungen ist, bleibt jedem selbst überlassen. Nach mehreren verheerenden Stadtbränden zwischen 1556 und 1705 immer wieder aufgebaut, war das Stadtzentrum des zur Festung erklärten Spremberg im April 1945 bei Kampfhandlungen zu 85 Prozent zerstört worden.

Unsere Stadtführung endete am Hotel „Zur Post“. Es war Zeit für das Mittagessen, das wir in dieser beliebten Traditionsgaststätte einnahmen. Neben Speis und Trank blieb Zeit für den Austausch. Nach dieser Stärkung ging es zum nächsten Veranstaltungsort, der Kreuzkirche. Sie ist die evangelische Hauptkirche der Stadt. Begrüßt wurden wir durch die sehr engagierte Pfarrerin Elisabeth Schulze. Als profunder Kenner der Kreuzkirche und ihrer Geschichte erwies sich Herr Manfred Ihle (86), dessen Ausführungen wir aufmerksam lauschen durften. Herr Ihle war seit 1980 mehr als 20 Jahre Leiter des Spremberger Kreismuseums. Seit 1991 trägt das Museum den Namen Niederlausitzer Heidemuseum, seit 1997 befindet es sich im Schloss. Leider erlaubte uns die begrenzte Zeit nicht es zu besichtigen.

Ausklingen ließen wir unsere Exkursion bei Kaffee und von Teilnehmerinnen selbst gebackenem Kuchen im wenige Schritte von der Kreuzkirche entfernten Gemeindehaus.

Mit unserer Plauderei bei Kaffee und Kuchen in der ehemaligen Wendischen Kirche schloss sich der Kreis zu den vielen Informationen zur (nieder-) sorbischen Geschichte. Herr Ihle nahm sich nochmals Zeit für uns, die Gespräche wollten kein Ende nehmen und werden uns in Erinnerung bleiben. Wir wünschen dem engagierten Heimatkundler und Forscher noch lange eine gute Gesundheit.

Streiflichter aus Geschichte und Gegenwart von Spremberg/Grodk
Exkursion der BGG vom 14.09.2024 in die Niederlausitz

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Frühneuzeitlicher Friedhof in der Niederlausitz ausgegraben https://www.bggroteradler.de/fruehneuzeitlicher-friedhof-in-der-niederlausitz-ausgegraben/ Mon, 07 Aug 2023 14:52:42 +0000 https://www.bggroteradler.de/?p=9891 Im Rahmen der Baumaßnahmen an der Bahnstrecke Cottbus-Lübbenau wurde im Juli diesen Jahres ein frühneuzeitlicher Friedhof entdeckt und umfassende Ausgrabungen vorgenommen. Von besonderem archäologischen Wert zeigten sich dabei zahlreiche Kinder- und Jugendgräber, deren Gebeine noch die sogenannten Totenkronen enthielten. Diese wurden jung Verstorbenen unverheirateten Personen auf dem Totenbett als Symbol der Ehe im Himmelreich aufgesetzt, da ihnen die irdische Ehe verwehrt blieb. Meist wurden diese Totenkronen aber nicht mit beerdigt, sondern oftmals in der Kirche ausgestellt. Daher ist der jetzige [...]

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Im Rahmen der Baumaßnahmen an der Bahnstrecke Cottbus-Lübbenau wurde im Juli diesen Jahres ein frühneuzeitlicher Friedhof entdeckt und umfassende Ausgrabungen vorgenommen. Von besonderem archäologischen Wert zeigten sich dabei zahlreiche Kinder- und Jugendgräber, deren Gebeine noch die sogenannten Totenkronen enthielten. Diese wurden jung Verstorbenen unverheirateten Personen auf dem Totenbett als Symbol der Ehe im Himmelreich aufgesetzt, da ihnen die irdische Ehe verwehrt blieb. Meist wurden diese Totenkronen aber nicht mit beerdigt, sondern oftmals in der Kirche ausgestellt. Daher ist der jetzige Befund recht selten. Da der aufgefundene Friedhof erst ab 1767 belegt worden sein soll, dürften sich auch historische Aufzeichnungen finden, die mehr über die dort Bestatteten aussagen können. Hier bietet sich eine gute Möglichkeit der Zusammenarbeit von archäologischer und historischer Forschung an, die bis hin zu DNA-Untersuchungen weitreichende Erkenntnisse zur Identität und Geschichte der Verstorbenen ermöglichen kann.
(Foto: Wolfgang Sauber, 2014, Brandenburg an der Havel ( Deutschland ). Archäologisches Landesmuseum Brandenburg – Abteilung Neuzeit: Schädel mit Totenkrone, aus Rathenow, Lkr. Havelland, wikimedia)
Beitrag von rbb24

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Kriegsgräberstätten in Hohenleipisch gerettet https://www.bggroteradler.de/kriegsgraeberstaetten-in-hohenleipisch-gerettet/ Thu, 02 Jul 2020 08:28:53 +0000 https://www.bggroteradler.de/?p=6141 Die Initiative unseres Forschungsstellenleiters Niederlausitz, Wolfgang Bauch, zur Verhinderung der Umbettung von Kriegsgräbern in Hohenleipisch (Elbe-Elster) auf eine zentrale Anlage in einem anderen Ort war erfolgreich. Zwischenzeitlich wurde der Antrag auf Umbettung dem Amtsausschuss des Amtes Plessa vorgelegt und von diesem mehrheitlich abgelehnt, so dass es nicht zu einer Umbettung nach Dreska kommen wird. Schreiben des Landrates von Elbe-Elster vom 30. Juni 2020

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Die Initiative unseres Forschungsstellenleiters Niederlausitz, Wolfgang Bauch, zur Verhinderung der Umbettung von Kriegsgräbern in Hohenleipisch (Elbe-Elster) auf eine zentrale Anlage in einem anderen Ort war erfolgreich.

Zwischenzeitlich wurde der Antrag auf Umbettung dem Amtsausschuss des Amtes Plessa vorgelegt und von diesem mehrheitlich abgelehnt, so dass es nicht zu einer Umbettung nach Dreska kommen wird. Schreiben des Landrates von Elbe-Elster vom 30. Juni 2020

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Hohenleipisch (Elbe-Elster): Gemeindevertreter wollen sich der Gräber ihrer Kriegstoten entledigen https://www.bggroteradler.de/hohenleipisch-elbe-elster-gemeindevertreter-wollen-sich-der-graeber-ihrer-kriegstoten-entledigen/ Fri, 26 Jun 2020 09:57:38 +0000 https://www.bggroteradler.de/?p=6097 Der Beitrag Hohenleipisch (Elbe-Elster): Gemeindevertreter wollen sich der Gräber ihrer Kriegstoten entledigen erschien zuerst auf Brandenburgische Genealogische Gesellschaft Roter Adler e. V:.

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von Wolfgang Bauch (Cottbus), BGG-Forschungsstelle Niederlausitz

Massengrab mit Gedenkstein auf dem Kirchhof Hohenleipisch für 18 zivile Opfer vom April 1945

Der Friedhof in der Bahnhofstraße nach seiner Umgestaltung als Parkanlage.

Grabstätte für sieben deutsche Soldaten auf dem Friedhof Bahnhofstraße. Gefallen am 24. April 1945. Vermutlich gehörten alle zur 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“.

Vorsichtig formuliert habe ich mit Befremden in der Online-Ausgabe der „Lausitzer Rundschau“, Lokalteil Elsterwerda vom 22.06.2020 die Absicht der Gemeinde Hohenleipisch zur Kenntnis genommen¹, ihre Kriegstoten auf den Friedhof des eingemeindeten Nachbardorfes Dreska umbetten zu wollen. Dem soll eine Empfehlung des Landkreises Elbe-Elster zugrunde liegen. Ein fatales Signal 75 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Ein Ort, der seine Gräber und Denkmale verliert, verliert auch seine Geschichte.

Blicken wir in die Historie: In Hohenleipisch gab es seit seiner Ersterwähnung im Jahre 1210 soweit bekannt drei Friedhöfe. Der erste wurde unserer christlichen Tradition entsprechend als Kirchhof um die heute Evangelische Kirche angelegt. Der Name Kirchhof hat sich bis heute erhalten. Als die Gemeinde im 19. Jahrhundert aus den Nähten platzte wurde ein neuer Gottesacker in der heutigen Bahnhofstraße, damals Pechofengasse angelegt. Eingeweiht und für Beerdigungen freigegeben wurde er 1861. Der alte Kirchhof wurde 1888 auf einstimmigen Beschluss geschlossen.

(Quelle: Engelskircher, Helmut (1912 - 1997): Beiträge zur Chronik des Dorfes Hohenleipisch ab seiner erstmaligen Erwähnung bis zum Jahre 1932, Hohenleipisch, 1985 (bekannt als Ortschronik Hohenleipisch).)

Nach meiner Erinnerung war es Anfang der 1970er Jahre, als die Gemeinde Hohenleipisch Am Reesberg einen neuen Friedhof anlegte, der bis heute genutzt wird. Die große Trauerhalle wurde maßgeblich durch den hochgeschätzten Gemeindearbeiter Erich Wolschke (1907 - 1995) errichtet. Beisetzungen erfolgten bald nur noch auf dem neuen, außerhalb der Gemeinde gelegenen Friedhof Am Reesberg. Auf dem wunderschönen parkähnlichen Friedhof in der Bahnhofstraße gab es alsbald keine Neubestattungen mehr.

Schon vor ca. zehn Jahren herrschte in der Gemeinde Unruhe wegen der vorgesehenen Umgestaltung des Friedhofs in der Bahnhofstraße. Eine Bürgerinitiative aus honorigen und geschichtsbewussten Einwohnern wollte die Gräber und damit das in über 100 Jahren gewachsene Ensemble erhalten wissen. Leider blieben die Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt. Die übergroße Mehrzahl der Gräber, die alte Trauerhalle und nahezu die gesamte zur Bahnhofstraße hin gelegenen Friedhofshauer wurden ohne jede Not und ohne Gespür für Tradition, Kultur und Respekt vor den Altvorderen geschliffen. Stattdessen wurde Rasen angelegt. Nur wenige Gräber blieben von diesem Kahlschlag verschont: Neben imposanten Gräbern ausgewählter, vor allen Fabrikantenfamilien gehört dazu das zur Umbettung vorgesehene Soldatengrab sowie einige Gräber ziviler Opfer der letzten Kriegstage in Hohenleipisch.

Auf dem alten Kirchhof befindet sich ausweislich meiner Dokumentation gar kein Soldatengrab, wie es der Bezugsartikel der LR mutmaßen lässt. Dort hat die Mehrzahl der zivilen Opfer ihre letzte Ruhestätte in einem Massengrab gefunden. Auf dem Grabstein sind achtzehn Namen verzeichnet. Offensichtlich sollen also nicht nur das Soldatengrab vom Friedhof Bahnhofstraße, sondern auch alle Gräber der zivilen Kriegsopfer umgebettet werden. Die Hohenleipischer Kriegstoten sollen nach 75 Jahren auf den Friedhof Dreska umgebettet werden. Unglaublich.

Im Grab der sieben im LR-Beitrag erwähnten Soldaten liegen vier namentlich bekannte und drei unbekannte. Es sind wohl nicht, wie auf dem Grabstein dargestellt Wehrmachtsangehörige, sondern zumindest überwiegend Angehörige der 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“. Wobei die Waffen-SS im 2. Weltkrieg der Wehrmacht unterstellt war. Nachdem Hohenleipisch am 22. April 1945 von der Roten Armee, genau genommen der 1. Ukrainischen Front unter General Iwan S. Konew befreit worden war, zogen am 24. April versprengte, aus dem Spremberger Kessel ausgebrochene „Frundsberger“ in den Ort ein und es kam zu heftigen Gefechten und Exzessen, die sich über Döllingen bis Plessa fortsetzten und zu schlimmen Verlusten und Verbrechen auch an der Zivilbevölkerung führten. Ereignisse, die noch heute im kollektiven Bewusstsein der betroffenen Dörfer nachwirken. Die erwähnten „Frundsberger“ wollten sich in Richtung Nordböhmen zu den Amerikanern durchschlagen und sich diesen ergeben, was ihnen in der weiteren Folge auch gelang. Die 1. Ukrainische Front und „die Frundsberger“ hatten sich schon lange erbitterte Kämpfe geliefert.

Weshalb will man gefallene Soldaten vom ehemaligen Friedhof Bahnhofstraße auf den Friedhof des eingemeindeten Dreska umbetten? Sie gehören zu Hohenleipisch und verbinden sich mit einem, wenn auch dunklen Kapitel der Geschichte meines Heimatdorfes. Weshalb die vielen zivilen Opfern der letzten Kriegstage und der unmittelbaren Nachkriegszeit? Was sagen eigentlich die Hinterbliebenen dazu?

Die geplante Umbettung ist weder im Gesamtkontext der Kriegsereignisse vom April 1945 schlüssig, noch notwendig. Lasst die Kriegsopfer, seien es Zivilisten, sowjetische oder deutsche Soldaten dort auf den Friedhöfen ruhen, wo sie 1945 ihre letzte Ruhe gefunden haben. Grundsätzlich sollten solche Grabstätten erhalten bleiben, da diese ja den historischen Kontext bilden und so gerade bei Gefallenengräbern auch das Andenken an die Ereignisse erst ermöglichen. Zentralanlagen reißen die Gräber aus ihrem Zusammenhang und lassen sie ohne historischen Hintergrund in der Masse verschwinden. Ein Ort, der seine Gräber und Denkmale verliert, verliert auch seine Geschichte und gerade das Andenken an die Weltkriege muss flächendeckend an allen authentischen Orten gepflegt werden, denn nur so kann deren Mahnung vor Ort wirken. Noch heute können so Bewohner Namen ihrer Vorfahren und Verwandten lesen, die Kriegsopfer wurden. Sind Gräber und Denkmal verschwunden, ist auch die Mahnung verschwunden, als ob es in dem Ort nie einen Krieg gab.

Die gefallenen Rotarmisten der Region fanden ihre letzte Ruhe auf dem 1946/47 angelegten Sowjetischen Ehrenfriedhof, der unmittelbar an den Bergfriedhof angrenzt. Weitere Kriegstote - vornehmlich wird in der Bevölkerung von „Russen“ gemunkelt - sollen noch dort liegen, wo man sie im April 1945 eher schlecht als recht an Ort und Stelle notbestattet hat. Um auch diese Menschen noch würdevoll beisetzen zu können wäre man auf fundierte Berichte der immer weniger werdenden Zeitzeugen angewiesen. Dies wären wahrlich sinnvolle Umbettungen. Zudem wären die Hinterbliebenen, sofern eine Identifizierung noch möglich ist, gewiss dankbar Informationen und Gewissheit über deren Schicksal zu bekommen.

Derweil habe ich mich an den Landrat Elbe-Elster, Herrn Christian Heinrich-Jaschinski (CDU) gewandt und gebeten das Vorhaben im Sinne meiner Kritik zu überprüfen.


Der Autor (60) ist in Hohenleipisch aufgewachsen, wo seine Vorfahren seit vielen Generationen ansässig und geachtet waren. Seiner Heimatgemeinde fühlt er sich durch familien- und heimatgeschichtliche Recherchen und zahlreiche fortbestehende persönliche Kontakte verbunden. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Heimatkunde e.V. Bad Liebenwerda und Forschungsstellenleiter Niederlausitz der Brandenburgischen Genealogischen Gesellschaft „Roter Adler“ e.V. Immer wieder legt er den Finger in die Wunde, wenn Entscheidungsträger nach seiner Überzeugung unsensibel oder gar verantwortungslos mit Kulturgut und Geschichtsbewusstsein umgehen, wenn hinter Entscheidungen bestenfalls kurzfristiger Gewinn und/oder der Einfluss von Lobbyisten vermutet werden darf.


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https://www.lr-online.de/lausitz/elsterwerda/kriegsgraeber-gefallene-soldaten-werden-in-hohenleipisch-umgebettet-47164973.html

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